Arbeitsgemeinschaft Selbständige in der SPD, AGS:

Für eine soziale, nachhaltige und ökologische Wirtschaft

Ampel: Einigung bei der Strompreis- Entlastung

Veröffentlicht am 10.11.2023 in Arbeit und Wirtschaft

Nach langen Diskussionen hat sich die Ampel auf Entlastungen beim Strompreis zugunsten des produzierenden Gewerbes geeinigt.

Damit ist der Bereich der Wirtschaft, dem geholfen werden soll, deutlich ausgeweitet, was zu begrüßen ist!

Bei einer ursprünglich angedachten Unterstützung nur für energieintensive Industrieunternehmen wäre z.B. das Handwerk und Mittelständische Unternehmen leer ausgegangen-

Wichtigstes Instrument des Vorhabens ist die Senkung der Stromsteuer von 1.54 C/KWh auf den von der EU vorgegebenen Mindestwert von 0,05 C/KWh für die geförderten Unternehmen. 

Dazu: Pressemitteilung der Bundesregierung vom 9.11.2023:

Strompreispaket für produzierende Unternehmen – Bundesregierung entlastet stromintensive Unternehmen

Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck und Bundesfinanzminister Christian Lindner haben sich heute auf zusätzliche Entlastungen für Unternehmen in Deutschland für die nächsten fünf Jahre verständigt. Insbesondere Unternehmen mit besonders stromintensiver Produktion werden von dem Strompreispaket profitieren, auch das produzierende Gewerbe wird entlastet. Die Absenkung der Stromsteuer soll für die Jahre 2024 und 2025 gesetzlich geregelt werden. Es besteht Einigkeit, dass die Absenkung weitere drei Jahre gelten soll, sofern für die Jahre 2026 bis 2028 eine Gegenfinanzierung im Bundeshaushalt dargestellt werden kann. Die Bundesregierung geht nun unverzüglich auf den Gesetzgeber zu, damit die Maßnahmen so schnell wie möglich beschlossen werden.

Bundeskanzler Olaf Scholz sagte: „Das ist eine sehr gute Nachricht für den Wirtschaftsstandort Deutschland in diesen Zeiten: Die Bundesregierung entlastet das produzierende Gewerbe massiv bei den Stromkosten. Wir senken die Stromsteuer radikal, stabilisieren die Netzentgelte und setzen die Strompreiskompensation fort, damit die Unternehmen mit den aktuellen Strompreisen besser zurechtkommen können. Allein im nächsten Jahr sind das Entlastungen in Höhe von bis zu 12 Milliarden Euro. Wichtig auch, dass die Unternehmen nun auf absehbare Zeit Planungssicherheit haben und von Bürokratie befreit werden. Entscheidend bleibt für den Standort Deutschland, dass wir konsequent den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Stromnetze vorantreiben. Mit dem Deutschland-Pakt haben wir in dieser Woche mehr als 100 konkrete Maßnahmen auf den Weg gebracht, damit Planungen früher fertig und Genehmigungen schneller erteilt werden können.“

Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck: „Es ist wichtig, dass wir einen gemeinsamen Weg gefunden haben, mit dem wir die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie – von Mittelstand bis großen Konzernen – unterstützen. Die Verständigung gibt für viele einen verlässlichen Rahmen. Wir schaffen mit den Maßnahmen jetzt für die nächsten Jahre eine Strompreisbrücke für die besonders energieintensive Industrie und für das produzierende Gewerbe. Für relevante Teile der sehr energieintensiven Betriebe gibt es über das Zusammenspiel der Instrumente eine wettbewerbsfähige Lösung. Die Stromsteuersenkung für das produzierende Gewerbe wirkt in die Breite der Unternehmen. Das sind gute Schritte.“

Bundesfinanzminister Christian Lindner: „Die Wettbewerbsfähigkeit von Industrie und Mittelstand ist der Bundesregierung gleichermaßen wichtig. Deshalb senken wir die Steuerlast der energieintensiven Produktionsbetriebe in der Breite. Wir setzen mit dieser Entscheidung auf eine marktwirtschaftliche Lösung mit all ihren Vorteilen. Die Senkung der Stromsteuer können wir im Bundeshaushalt realisieren. Alle Maßnahmen sind im Rahmen der Schuldenbremse finanziert. Das Strompreispaket ist ein weiterer Baustein, um die deutsche Wirtschaft auf einen nachhaltigen Erfolgspfad zu führen.“

Das Strompreispaket besteht aus mehreren Teilen. Neben der bereits beschlossenen Stabilisierung der Übertragungsnetzentgelte für das erste Halbjahr 2024 wird die Stromsteuer für alle Unternehmen des produzierenden Gewerbes massiv gesenkt, und zwar auf den Mindestwert, den die Europäische Union zulässt. Die Steuer wird durch eine Erhöhung des Entlastungsbetrages in § 9b Stromsteuergesetz von gegenwärtig 15,37 Euro/MWh bzw. 1,537 ct/kWh auf 0,50 Euro/MWh bzw. 0,05 ct/kWh herabgesetzt. In dieser Stromsteuersenkung geht der bisherige Spitzenausgleich auf und wird damit verstetigt. Davon profitieren nicht nur die Unternehmen, die bislang den Spitzenausgleich nutzen konnten, sondern alle Unternehmen des produzierenden Gewerbes. Für die Unternehmen, die bislang den Spitzenausgleich geltend machen konnten, entfallen zusätzlich die Bürokratiekosten im Zuge des Spitzenausgleichs.
Die bestehenden Regelungen für die Strompreiskompensation im KTF, die für die rund 350 Unternehmen gelten, die am stärksten im internationalen Wettbewerb stehen, sollen nicht nur für fünf Jahre verlängert, sondern überdies über den Wegfall des so genannten Selbstbehalts nochmals ausgeweitet werden. Dies betrifft auch die bestehende Regelung zum „Super-Cap“, der für die rund 90 besonders stromintensiven Unternehmen gilt. Diese Entlastung soll ebenfalls für die nächsten fünf Jahre fortgeführt werden und durch Entfall des Sockelbetrags ausgeweitet werden. Mit der Strompreiskompensation und dem „Super-Cap“ werden die Unternehmen von den Summen entlastet, die im Zusammenhang mit emissionshandelsbedingten indirekten CO2-Kosten entstehen.

Das Strompreispaket wirkt zusätzlich zu den bereits beschlossenen Energiepreisentlastungen für alle Bürgerinnen und Bürger und für die Wirtschaft in ihrer gesamten Breite (Abschaffung der EEG-Umlage; neuerlicher Zuschuss zu den Netzentgelten 2024).

 

Die WirtschaftsWoche schreibt dazu:

Industriestrompreis: Was ist das Problem?

Unternehmen aus allen Branchen klagen über hohe Strompreise. Verschärft hat sich das seit dem Ukraine-Krieg und der darauf folgenden Energiepreiskrise. Zuletzt dachten große Konzerne mit hohem Strombedarf laut darüber nach, Produktionsstandorte in Länder mit niedrigeren Preisen zu verlagern.

Tatsächlich ist der Strompreis in Deutschland höher als in vielen anderen Ländern. Das liegt an Steuern und dem CO2-Preis, aber auch daran, dass Deutschland kaum Öl- und Gasvorkommen hat und Erneuerbare weniger abwerfen als anderswo. Nach Daten der internationalen Energieagentur zahlt die Industrie in Deutschland fast dreimal so viel pro Megawattstunde wie in den USA oder Kanada. In der EU liegt Deutschland im Mittelfeld

Die IG Metall wies darauf hin, dass das Paket kaum zusätzliche Entlastungen bringt. „Ein Teil des Pakets verlängert schlicht bestehende Maßnahmen wie Strompreiskompensation und Super-Cap oder gleicht bereits beschlossene Verschlechterungen wieder aus“, so die Gewerkschaft. „So kompensiert die geplante Reduzierung der Stromsteuer den Wegfall des Spitzenausgleichs. Mit diesen Maßnahmen werden keine Verbesserungen erzielt, aber weitere Verschlechterungen verhindert.“

Was bedeutet das für den Strompreis?

Für die am stärksten entlasteten Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe rechnet man im Wirtschaftsministerium für das kommende Jahr mit einem Strompreis von sechs Cent pro Kilowattstunde. Das könnte zum Beispiel Unternehmen der Stahl- und Zementindustrie betreffen. Die Industriegewerkschaft IGBCE zweifelt allerdings an dieser Prognose.

Wer geht leer aus?

Das Paket der Bundesregierung richtet sich gezielt an das produzierende Gewerbe  nicht an Handel, die Dienstleistungsbranche oder gar an Verbraucher. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks warnte, viele energieintensive Branchen fielen damit durchs Raster. Zum Beispiel gehörten Textilreinigungen und Betriebe des Kfz-Handwerks formal nicht zum produzierenden Gewerbe.

Der Branchenverband der Energie- und Wasserwirtschaft argumentierte ähnlich: „Es wäre konsequenter gewesen, die Stromsteuer-Senkung nicht allein auf das produzierende Gewerbe zu beschränken“, erklärte er. „So würden auch umweltfreundliche Technologien wie beispielsweise die Elektromobilität wettbewerbsfähiger gegenüber fossilen Energieträgern wie Heizöl, Benzin oder Diesel.“

Industriestrompreis: Wie soll das Paket finanziert werden?

Das Geld soll aus drei verschiedenen Töpfen kommen. Die 2,75 Milliarden Euro für die Senkung der Stromsteuer müssen aus dem normalen Bundeshaushalt finanziert werden. Damit kommt die Bundesregierung gerade noch rechtzeitig, denn nächsten Donnerstag zurrt der Haushaltsausschuss im Bundestag den Etat für 2024 fest. Finanzminister Lindner sieht zwar eigentlich wenig Spielraum. Die jüngste Steuerschätzung brachte aber 2,3 zusätzliche Milliarden, außerdem darf der Bund wegen der schwachen Konjunktur etwas mehr Schulden machen als bisher geplant. Deshalb sei es machbar. „Alle Maßnahmen sind im Rahmen der Schuldenbremse finanziert“, betonte Lindner.

Die Änderung bei der Strompreiskompensation betrifft den Klima- und Transformationsfonds, der neben dem Bundeshaushalt besonders für Klimaschutz-Ausgaben existiert. Er gilt eigentlich als längst überzeichnet, weil die Bundesregierung immer neue Programme in den Fonds schiebt. Doch für gewöhnlich fließen längst nicht alle vorgesehenen Mittel ab. Der Zuschuss zu den Netzentgelten kommt aus einem weiteren Neben-Fonds, dem gut gefüllten Wirtschaftsstabilisierungsfonds.