Arbeitsgemeinschaft Selbständige in der SPD, AGS:

Für eine soziale, nachhaltige und ökologische Wirtschaft

CHINA- Positionen der AGS

Veröffentlicht am 22.12.2022 in Arbeit und Wirtschaft

Positionspapier deer AGS:

 

"Für eine offensive Chinastrategie"

  • Die AGS fordert von der Bundesregierung eine Neueinschätzung unseres Verhältnisses zu China.

  • Allerdings ist gleichzeitig zu fragen, ob die Entwicklungen seit dem 24. Februar 2022 nicht dazu führen müssten, die zentralen außenhandelspolitischen und ökonomischen Konsequenzen insgesamt zu identifizieren (z.B. auch im Verhältnis zu den USA).

  • In jedem Fall müssen im Ergebnis die Schlussfolgerungen für eine neue Chinastrategie eng abgestimmt mit der Europäischen Union sein.

  • Die Unternehmen, auch die kleinen und mittleren deutschen und europäischen erwarten Planungssicherheit und Leitplanken für ihr künftiges Engagement in China und darüber hinaus.

  • Europa ist einer der wichtigsten Märkte der Welt und sollte deshalb selbstbewusster für seine Interessen eintreten.

    Die Beziehungen zwischen China und Deutschland haben eine lange Tradition basierend auf gegenseitigem Respekt und wechselseitiger Anerkennung. Sie sind vielfältig und eng. China ist aktuell mit rd. 10% des deutschen Handelsvolumens unser wichtigster Handelspartner. Zudem ist Deutschland wie auch die übrigen G7-Länder bei Rohstoffen stark abhängig von China – beispielsweise bei Silizium oder Seltenen Erden.

    Der Aufstieg und die damit gewachsene geopolitische Bedeutung der Volksrepublik China birgt eine Vielzahl von Herausforderungen, bietet aber auch einige Chancen für Deutschland und die EU. Die China-Strategie muss deshalb Antworten geben zu Fragen der Wettbewerbsbeziehungen, Partnerschaft und Systemrivalität.

    Für uns gilt der Grundsatz: Auch künftig im ständigen Dialog mit China bleiben und dabei alle Fragen offen ansprechen!

 

Aus unserer Sicht sollten im Rahmen der geplanten China-Strategie folgende Eckpunkte berücksichtigt werden:

1. Faire Wettbewerbsbedingungenherstellen

Hier geht es insbesondere darum, dass wechselseitig die gleichen Marktzutrittschancen garantiert werden hinsichtlich der Unternehmensgründung, der steuerlichen Rahmenbedingungen einschließlich der Gewinnausschüttung, des Arbeits-, Sozial- und Umweltrechts. Sollten besondere nationale oder europäische Sicherheitsvorschriften zu beachten sein, so müssen diese reziprok gelten.

Hinsichtlich bestehender nicht-tarifärer Hindernisse wie Eigentumsrechte, technische Standards und Datenschutzregelungen besteht dringend Harmonisierungsbedarf. Es gilt bestehende Standards und Normen zu erhalten und neue gemeinsam zu etablieren.

2. DirektinvestitionenundUnternehmensbeteiligungenauchinZukunftermöglichen

Die bisherige Praxis in Deutschland und der EU hat sich bewährt: Wir stehen im Grundsatz zum Prinzip offener Märkte mit der Einschränkung, dass unsere nationale und europäische Sicherheit nicht gefährdet ist. Hier erwarten wir eine Überprüfung der bestehenden ökonomischen und rechtlichen Instrumente zur einheitlichen Beurteilung der Fälle. Dies gestehen wir auch unseren Handelspartnern gleichermaßen zu. Ziel muss sein, zu gemeinsamen Regeln auf Gegenseitigkeit zu kommen.

3. ÖffentlicheAusschreibungenaufBasisderGegenseitigkeit

Die Vergabestellen müssen die Möglichkeit haben, nur solche Anbieter zuzulassen, die sicherheitspolitisch zuverlässig sind, über keine marktbeherrschende Stellung verfügen und sich nicht im staatlichen Eigentum befinden.

4. Rohstoffabhängigkeitverringern,Resilienzverbessern,Substitutionvorantreiben

Deutschland und die EU sind von Rohstoffen abhängig und dadurch vulnerabel. Deshalb werden wir auch in diesem Bereich unsere Versorgungsicherheit verbessern müssen durch stärkere Diversifizierung der Lieferstaaten (Rohstoffpartnerschaften), durch gemeinsamen Einkauf der EU, durch erhöhte Lagerhaltung und Recycling in der EU. Für das Recycling bedarf es zukünftig einheitlicher Standards und Normen.

In diesem Zusammenhang muss auch die Kreislaufwirtschaft auf nationaler und EU- Ebene konsequent weiterentwickelt werden. Wir brauchen z.B. Rahmenbedingungen, die garantieren, dass für den Export in Drittländer bestimmte Maschinen und Anlagen (einschließlich Komponenten und Ersatzteile), in denen knappe und bedeutende Rohstoffe verbaut sind, am Ende des Produktzyklus für das Recycling zurück in die EU verbracht werden. Diese Klauseln müssen in den Kauf- und Leasingverträgen bereits beim Erwerb der Produkte enthalten sein. Im Rahmen von Industrie 4.0 kann die

Blockchain-Technologie für die notwendige Vernetzung und transparente Dokumentation des Produktzyklus von großem Nutzen sein.

Die verstärkte Förderung von technischen Innovationen ist ebenfalls ein wichtiger Beitrag, den Einsatz kritischer Rohstoffe zu reduzieren oder sogar zu substituieren. Im Einzelfall kann die Rohstoffgewinnung auch in der EU erfolgen (Magnesium, Lithium). Mit China sollte der Zugang zu Rohstoffquellen vertraglich geregelt werden.

Darüber hinaus hat die Pandemie gezeigt, dass wir insgesamt unser Wirtschaftssystem resilienter gestalten müssen. Reshoring kann für einzelne Branchen oder Produkte auch als geeignetes Instrument in Frage kommen.

5. Transportkettenoptimieren

Der Handel zwischen der EU und China wird weit überwiegend über den Seeweg abgewickelt. Seewege und Häfen müssen dem internationalen Recht folgend offen und sicher sein. Als zweitwichtigster Transportweg steht der Luftfrachtverkehr zur Verfügung. Der Ausbau der Schienenverbindung für den Containertransport liegt im gemeinsamen Interesse. Wer den Transport kontrolliert steuert den Warenfluss.

Zusammengenommen besteht ein gemeinsames Interesse an funktionstüchtigen und leistungsfähigen Logistikketten für die Abwicklung von Im- und Exporten. Deshalb sollten dringend die Gespräche im Rahmen der sog. EU-China Connectivity Platform reaktiviert werden unter Einbeziehung der Belt and Road Initiative (BRI), der TEN-T-Netze und der neuen EU-Strategie Global Gateway. Hier sind dringend eine Beteiligung oder eine eigenständige Lösung auf den Weg zu bringen.

6. Handels-undInvestitionsabkommenabschließen

Für die beteiligten Unternehmen ist es hilfreich, wenn die Verhandlungen über die Abkommen wieder aufgenommen würden und spätestens 2024 abgeschlossen werden könnten. Damit wäre ein politisch wichtiges Signal gesetzt über die wirtschaftlich- finanziellen Rahmen der künftigen Entwicklung der Beziehungen zwischen der EU und China.

In diesem Zusammenhang sollte grundsätzlich die WTO eine wichtigere Rolle spielen. Insgesamt muss die WTO gestärkt werden.

7. ChinamussseinerglobalenVerantwortungstärkergerechtwerden

Die aktuellen globalen Herausforderungen wie Klima, Umwelt, Biodiversität, Gesundheit, Armut Sicherheit und Abrüstung, machen es erforderlich, dass auch China seiner Verantwortung gerecht wird. Dazu gehört auch die Reform globaler multilateraler Organisationen. Deutschland und die EU sind deshalb aufgefordert, alle Möglichkeiten der politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zusammenarbeit mit China in diesen Politikfeldern zu suchen, den Dialog zu intensivieren und gemeinsam Initiativen zu entwickeln. Nur so wird die Weltgemeinschaft in Frieden und Wohlstand überleben können.

8. Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechte – unsere Werte offensiv thematisieren

Diese Themen müssen wir wie bisher im Rahmen des Rechtsstaat- und Menschenrechtsdialogs offen, klar und respektvoll ansprechen. Die Thematisierung unserer Werte gilt auch verstärkt für den digitalen Bereich.

Eine Änderung der bisherigen Taiwan-Politik („Ein Land – zwei Systeme“) lehnen wir ab.