Arbeitsgemeinschaft Selbständige in der SPD, AGS:

Für eine soziale, nachhaltige und ökologische Wirtschaft

Hat Europa seine Krise überwunden?

Veröffentlicht am 25.09.2014 in Europa

Hat Europa seine Krise überwunden?

Was muss geschehen, um den Euro zum Erfolg zu führen?

Diese Fragen sollten Prof. Dr. Hans-Werner Sinn (Präsident des IFO-Instituts) und Sven Giegold MdEP einem interessierten Puplikum am 24.9. in der Handwerkskammer Düsseldorf beantworten.

Eingeladen hatte Dr. Thomas Köster, Leiter des Kompetenzzentrum Soziale Marktwirtschaft,und Antonius Kerkhoff, Vorst. u. Leiter des ASG-Bildungszentrums. Der Präsident der HWK Düsseldorf, Andreas Ehlert, führte in die Veranstaltung ein.

Präsident Ehlert sieht die EU in einer Vertrauenskrise, bedingt durch zu große Ausdehnung von EU-Kompetenzen. Er fordert: „Mehr Subsidiarität wagen!“  

Als Beispiel für einen überzogenen Zentralisierungsprozess in Brüssel nennt er die Festlegung von Berufsprofilen (bisher national geregelt) und das gefährdete dreigliedrige Bankensystem In Deutschland.

Ehlert fordert eine ordnungspolitische Grundsatzdebatte über mehr- oder weniger „EU“.

Die Stärke der EU liege in der Vielfalt! Das Handwerk bekenne sich eindeutig zur EU!

Der Journalist Jürgen Liminski (DLF) übernahm folgend die Moderation. 

Das erste Statement der Veranstaltung kam von Prof. Dr. Hans-Werner Sinn, Leiter des IFO-Instituts. Der begann mit einem Lob für das Duale Ausbildungssystem in Deutschland, das uns „zu Wohlstand geführt“ habe.

Er wies auf die „Konjunktur-Uhr“ des IFO-Instituts hin, die in Richtung Abschwung weise, bedingt auch durch die Ukraine-Krise.  In der EU verbreite sich Unzufriedenheit, wie die letzten nationalen Wahlen zeigen würden. Sinn erläuterte mit anschaulichen Grafiken den Verlauf der aktuellen Krise. Italien, Spanien und Griechenland seien weiterhin die Sorgenkinder der EU. Durch  die dortige Jugendarbeitslosigkeit drohe „der Verlust einer Generation“.  Die Süd-Länder seien gegenüber Ost-Europa zu teuer, was zu     Verlust von Wettbewerbsfähigkeit führe. Die Lösung sieht Sinn darin, in den Problem-Ländern die Arbeitskosten gegenüber der übrigen Eurozone zu senken.  Als Beispiel nannte er Irland. Dort haben Lohn-Senkungen zur Selbsthilfe geführt.

Für Europa sieht Sinn vier Optionen:

  1. Die Transfer-Union. Diese Hilfe für die Krisenländer behindere den Aufschwung.
  2. Strikte Austeritätspolitik.  Massenarbeitslosigkeit und Insolvenzen seien die Folge, „der gesellschaftliche Frieden zerbricht“.
  3. Inflation im Kern: Verletzung des EZB-Mandats!
  4. Austritt von Problem-Ländern. Folgen:  Kapitalflucht und Bankenzusammenbrüche. Trotzdem bemängelt Sinn fehlende Austritts-Szenarien.

Sinn erläuterte den Verlauf der Interventionsspirale, in der sich die EU befinde und bemängelt: „ Die Beruhigung der Kapitalmärkte durch Abwälzung der Interventionsrisiken auf die Steuerzahler untergräbt die aktive Rolle der Kapitalmärkte“. Sinn: „Die EZB überschreitet ihr Mandat!“      

Zur EU-Rettung diene:

  1. Schuldenkonferenz mit Schuldenschnitt!
  2. Temporäre Austritte
  3. Härtere Budgetbeschränkungen für die EZB.

Eine EU –Konföderation nach Schweitzer Vorbild  sei für die EU ein weg aus der Krise.

Sven Giegold, MdEP und Mitbegründer von Attac nahm zunächst zu der von Präsident Ehlert angesprochenen Berufsanerkennungsrichtlinie Stellung. Sie könne nur durch eine absolute   Mehrheit des EU-Parlaments gestoppt werden. Giegold  stellte klar, dass Kompetenzen nicht nur von Brüssel an sich gezogen würden.  Die Aussage, Brüssel habe entschieden, sei oft falsch, da sie den Einfluss der Bundesregierung unterschlage.

Die Krisenanalyse von Prof. Sinn wurde von Sven Giegold geteilt, wenn auch Unterschiede beständen. So sei in Deutschland die Nachfrage zu gering und die hohen Energiekosten seien als Krisengrund nicht berücksichtigt worden. Übereinstimmung gebe es bei der Einschätzung, dass „das Schlimmste noch nicht vorbei“ sei.

Die Hauptlast sei der EZB übertragen worden.  Die „unschuldige Politik“ könne so Kritik an der EZB üben, was nicht richtig sei. Die EZB habe das Platzen der Finanzblase verhindert.  Dabei seien aber neue Gewinn-Maximierungen für Banken ermöglicht worden. „Der Kauf von Finanzpapieren muss Eigenkapitalhinterlegt bleiben“!

Im Konflikt mit Prof. Sinn sieht sich Giegold in 2 Punkten. Für Giegold ist die Bankenunion ein Fortschritt, weil sie einheitliche Bankenbeaufsichtigung ermöglicht. Außerdem sieht Giegold eine „flexible Wähungsunion“ als problematisch an.

Eine Krisenlösung durch Austritt von Staaten aus der Währungsunion sei bei einem gemeinsamen Binnenmarkt keine Lösung für die Austrittskandidaten. Giegold: „ Die Süd-Länder haben Opfer gebracht,  aber Politiker maßen sich hier an, wer austreten soll". Diese Diskussion erschwere den Weg der Südstaaten. Es sei Anerkennung gefragt für die Verringerung der Neu-Verschuldung dieser Länder.  Giregold fordert, einen Teil unseres Leistungsbilanz-Überschusses den Arbeitnehmern zu Gute kommen zu lassen. Mehr Investitionen in ökologischen Umbau, Bildung und Forschung soll finanziert werden durch Koordination der Steuer-Politik.: Unternehmenssteuerflucht soll verhindert, Gewinne am Ort versteuert werden, wo sie anfallen. Giegold sprach sich für mehr Demokratie aus: Gemeinsame Politik solle gemeinsam vertreten werden. 

Prof. Sinn ergänzte, das Kanzlerin Merkel und der Bundestag der EZB-Politik stillschweigend zugestimmt, sich aber öffentlich davon distanziert habe.  Einer von Giegold geforderten Eigenkapitalhinterlegung für Banken stimmte er zu. Einem (von Merkel geforderten) Ewigkeitssystem der EU-Mitgliedschaft sieht Sinn als Katastrophe.

Es folgte eine Diskussion beider Referenten, die Gemeinsamkeiten wie Unterschiede beim Weg aus der Krise betonte. 

Das Schlusswort dieser hoch interessanten Veranstaltung sprach Antonius Kerkhoff, Vorstand u. Leiter des ASG-Bildungsforums.