Arbeitsgemeinschaft Selbständige in der SPD, AGS:

Für eine soziale, nachhaltige und ökologische Wirtschaft

EU- Lieferkettengesetz betrifft alle!

Veröffentlicht am 24.04.2023 in Allgemein

EU-Lieferkettengesetz: Betriebe vor Bürokratie schützen

ZDH zum Thema: 

Brüssel, 24.04.2023

Der federführende Rechtsausschuss des EU-Parlaments stimmt am 25. April 2023 über den Berichtsentwurf zu den Sorgfaltspflichten von Unternehmen in den Lieferketten ab. Grundsätzlich sollen KMU bis zu 250 Beschäftigte zwar nicht vom Anwendungsbereich erfasst werden,

wären aber durch vertragliche Verpflichtungen in der Lieferkette betroffen.

Dazu Ralph Weinbrecht (Bundesvorsitzender der AGS): "Auch wir als kleine Unternehmen sind vom EU- Lieferkettengesetz betroffen. Wir begrüßen zwar die Zielsetzung, fordern aber praktikable Regeln ohne bürokratischen Aufwand bei der Umsetzung des Gesetzes!"

ZDH:

Reichweite der Verpflichtungen und Haftung

 

Die Richtlinie ist laut EP-Berichtsentwurf auf alle Unternehmen anzuwenden, die mehr als 250 Beschäftigte und einen Jahresumsatz

von über 40 Mio. Euro haben. Diese Unternehmen müssen eine risikobasierte menschenrechtliche und umweltrechtliche 

Sorgfaltsprüfung durchführen und potenzielle negative Auswirkungen verhindern bzw. tat- sächliche negative Auswirkungen

beenden.

Bei Verstößen und fahrlässiger Handlung haften das verpflichtete Unternehmen und der Unternehmensinhaber persönlich.

Um sich von dieser Haftung vollständig zu befreien, müssen die Unternehmen Maßnahmen ergreifen, die sicherstellen,

dass ihre direkten und indirekten Geschäftspartner die Sorgfaltspflichten ebenfalls einhalten. Deswegen besteht die Gefahr,

dass die unmittelbar betroffenen Unternehmen ihre Verpflichtungen auf ihre Geschäftspartner, vor allem ihre Zulieferer,

in Form von Verhaltenskodizes über- tragen. Damit müssten also auch Handwerksbetriebe, die in der Regel lediglich

in europäische Lieferketten eingebunden sind, umfangreiche Informationen bereitstellen. Die Einhaltung von

Menschenrechten und Umweltstandards ist in der EU jedoch die Norm.

Bürokratie durch risikobasierten Ansatz minimieren

In herausfordernden Zeiten dürfen gerade kleine und mittlere Handwerksbetriebe nicht noch stärker durch

Berichts- und Nachweispflichten belastet werden. Das Ausmaß der zumutbaren Bürokratie ist für viele Handwerkerinnen und

Handwerker bereits überschritten. Die Überwachung der geltenden Menschenrechte und Umweltstandards ist zuvorderst Aufgabe

der jeweiligen Regierungen. Die EU gehört im internationalen Vergleich zu den Regionen mit den höchsten Menschenrechts- und

Umweltstandards. Den- noch werden Unternehmen laut dem Vorschlag dazu verpflichtet, ihre gesamten Lieferketten zu prüfen

und eventuelle Risiken zu minimieren. Die verpflichteten Unternehmen müssen bei ihrer Risikobewertung zumindest davon

ausgehen können, dass die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards innerhalb der Europäischen Union

überwacht und Verstöße sanktioniert werden.

Im Rahmen des risikobasierten Ansatzes ist sicherzustellen, dass zumindest eine Priorisierung der Risiken möglich ist

und europäische Lieferketten grundsätzlich mit einer  geringen Risikobewertung belegt sowie KMU-Bedürfnisse

berücksichtigt werden.

Was es in den anstehenden Trilogverhandlungen zu berücksichtigen gilt:

• Geringere geografische Risiken müssen im Rahmen einer Priorisierung der Risiken eine entscheidende Rolle spielen.

  Europäische Lieferketten sollten aufgrund der hohen Menschen- und Umweltrechtsstandards zumindest grundsätzlich

  mit einer niedrigen Risikobewertung versehen werden.

• Damit die KMU-Ausnahme wirken kann, bedarf es Unterstützungsmaßnahmen für KMU-Geschäftspartner, wenn

  diese aufgrund der vertraglichen Verpflichtungen indirekt von den Sorgfaltspflichten betroffen sind (Art. 7).

  Beispielsweise gilt es in den geplanten sektorspezifischen Leitlinien sicherzustellen, dass keine verschärften

  Schwellenwerte oder sonstige Regelungen für die dort gelisteten handwerksrelevanten Sektoren Lebensmittel

  und Bau eingeführt werden.

• Hat das verpflichtete Unternehmen eine ordnungsgemäße Priorisierung anhand der Risikofaktoren vorgenommen,

  muss in Art. 22 klargestellt werden, dass es nicht für Schäden haftet, die aufgrund einer Aktivität eintreten, die aus

  nachvollziehbaren Gründen nicht priorisiert wurde. Nur so können entsprechend des risikobasierten Ansatzes

  Rechtssicherheit für Auftraggeber geschaffen und überzogene Verpflichtungen für KMU-Geschäftspartner

  vermieden werden.

• Handwerksbetriebe finanzieren sich häufig über Kredite ihrer Hausbank. Wer sie wirksam entlasten will,

  muss vermeiden, dem Finanzsektor weitere Berichtspflichten aufzuerlegen, die dieser notgedrungen an

  KMU weitergeben würde.