Arbeitsgemeinschaft Selbständige in der SPD, AGS:

Für eine soziale, nachhaltige und ökologische Wirtschaft

Sozialwende jetzt: Selbständige stärken!

Veröffentlicht am 21.06.2017 in Arbeit und Wirtschaft

Vorstellung des Sozial- Papiers am 20.06.

Dortmund, 20.06.2017

Auf der Pressekonferenz der Abgeordneten Marco Bülow (MdB), Michael Groß (MdB), Prof. Dr. Dietmar Köster (MdEP), Anja Butschkau (MdL) und den lokalen Experten Dr. Andreas Bach, Eberhard Weber und Dr. Matthias Albrecht wurde das Forderungspapier mit dem Titel: „Sozialwende jetzt!“ in Dortmund vorgestellt. Auch wenn das Ruhrgebiet im Focus stand, gelten viele Aussagen für das ganze Land. Mit Kapitel 5 : "Selbständige stärken"greifen die Dortmunder ein Thema auf. daß wir inhaltlich voll mittragen können.

Maco Bülow: „Wir gehen mit dem Papier „Sozialwende jetzt!“ über die gängigen Forderungen hinaus und stellen das Ruhrgebiet in den Mittelpunkt. Arbeit und Leistung lohnen sich immer seltener, die Ungleichheit wächst, Chancengleichheit hängt stärker vom Geldbeutel ab und immer mehr Menschen gerade im Ruhrgebiet werden abgehängt. Wir brauchen also keine Pflaster, sondern eine regelrechte Sozialwende. Es geht dabei nicht um soziale Wohltaten für eine bestimmte Klientel, sondern um die Zukunftssicherheit und den Wohlstand unserer Gesellschaft.Wir haben daher konkrete Forderungen, mit denen wir die Politik konfrontieren werden.“ 

Kapitel 5: Selbständige stärken

Was falsch läuft: In Deutschland arbeiten zurzeit etwa 4,2 Mio. Selbstständige – das sind rund 10% aller Erwerbstätigen. Seit 2007 gibt es erstmals mehr Solo-Selbstständige (2,35 Mio.) als solche mit Angestellten (1,85 Mio.), dazu gehören u.a. Handwerker, Pflegedienstleister, Kleingewerbetreibende, Hausmeister, IT-Entwickler, Journalisten, Kreative/Kulturschaffende und sonstige Freiberufler. Viele von ihnen sind nicht freiwillig selbstständig, sondern alternativ zu einer Beschäftigung im Niedriglohnsektor oder zu wiederholt befristeten Arbeitsverhältnissen. Typisch für die Gruppe der Solo-Selbständigen sind tendenziell niedrige, uneinheitliche und auch individuell stark schwankende Einkommen. So verdient im unteren Bereich des Spektrums etwa jede/r Dritte unter 1.100 € netto, mehr als 25 % arbeiten zu einem Bruttostundenlohn unter 8,50 €. Demgegenüber fokussiert sich das deutsche Sozialversicherungssystem, mit wenigen Ausnahmen, bis heute auf abhängig Beschäftigte. Die klassischen Risiken Erwerbstätiger (Alter, Arbeitslosigkeit, Krankheit, Erwerbsminderung, Pflegebedürftigkeit) werden überwiegend paritätisch von Arbeitgebern und Beschäftigten finanziert.

Selbstständige gelten mehrheitlich als nicht schutzbedürftig. Von den 4,2 Mio. Selbstständigen sind etwa 3 Mio. nicht obligatorisch abgesichert, weil sie über keinen gleichberechtigten Zugang zu den sozialen Sicherungssystemen verfügen. Die Beitragsbemessung orientiert sich, anders als bei abhängig Beschäftigten, nicht am tatsächlichen Einkommen, sondern an einem unterstellten (fiktiven) Mindesteinkommen, das viele Selbstständige deutlich verfehlen oder zumindest nicht durchgängig erzielen können. Der resultierende Versicherungsbeitrag muss vom Selbständigen zudem allein getragen werden. Damit bleibt häufig zu wenig übrig für die Aufrechterhaltung des laufenden Betriebs, für notwendige Investitionen und insbesondere für private Altersvorsorge – es drohen prekäre Lebens- verhältnisse und Altersarmut.

Was wir besser machen wollen:

Über 4 Mio. Selbstständige sind eine wichtige Säule der deutschen Wirtschaft, sie brauchen deshalb bezahlbare, am tatsächlichen Einkommen orientierte Krankenversicherungsbeiträge. Erhebliche Schwankungen der Einkommen im Jahresverlauf müssen dabei berücksichtigt werden. Selbstständige benötigen darüber hinaus einen gleichberechtigten Zugang zur gesetzlichen Rentenversicherung, ebenso zu bezahlbaren Bedingungen. Das dient nicht nur der Stabilisierung der unternehmerischen Tätigkeit, sondern ermöglicht auch Investitionen und Wachstum und mindert das Risiko von Altersarmut.

Unsere konkreten Forderungen an den Bund:

  1. Wir fordern für Selbstständige Krankenversicherungsbeiträge, die sich flexibel am tatsächlichen Einkommen orientieren.

  2. Wir fordern die Aufnahme aller Selbstständigen in die gesetzliche Rentenversicherung zu einkommensabhängigen, flexiblen Beiträgen.

  3. Der Ausbau von und erleichterte Zugang zu Mikrokrediten für Selbstständige ist ein Hebel.